Prüfungs-Beispiel zum Bauträgervertrag
Sicherheit beim Kauf vom Bauträger
Bauträgervertrag
Ausschnitt aus einem zu prüfenden Bauträgervertrag
" …
Kaufpreis
Der Kaufpreis beträgt € 320.000
in Worten: EURO dreihundertzwanzigtausend
Davon entfallen auf den Grund und Boden € 42.000.
Der Kaufpreis wurde auf der Grundlage eines Umsatzsteuersatzes von 19 vom Hundert ermittelt. Ändert sich der Umsatzsteuersatz, so ändern sich alle Kaufpreisteilbeträge, die vier Monate nach Vertragsabschluss fällig werden, entsprechend.
... "
Beispiel Prüfungsstufe 1
BEGRÜNDUNG |
Unwirksame Umsatzsteuerklausel Die Preisanpassungsklausel bei einer Änderung des Umsatzsteuersatzes entspricht scheinbar dem Gesetz, weil sie das gemäß § 309 Nr. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geltende Verbot für kurzfristige Preiserhöhungen einhält. Tatsächlich ist sie aber mit dem im Bauträgerrecht geltenden Äquivalenzprinzip unvereinbar und deshalb gemäß § 307 BGB nichtig.
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Beispiel Prüfungsstufe 2
BEGRÜNDUNG |
Unwirksame Umsatzsteuerklausel Die Preisanpassungsklausel bei einer Änderung des Umsatzsteuersatzes entspricht scheinbar dem Gesetz, weil sie das gemäß § 309 Nr. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geltende Verbot für kurzfristige Preiserhöhungen einhält. Tatsächlich ist sie aber mit dem im Bauträgerrecht geltenden Äquivalenzprinzip unvereinbar und deshalb gemäß § 307 BGB nichtig. Formulierungsvorschlag |
BELEGE |
Bundesgerichtshof "Allerdings bleibt es den Parteien unbenommen, den Festpreis auf einen bestimmten Zeitraum zu begrenzen und für den Fall der Fristüberschreitung eine Vergütungsänderungsklausel auch im Rahmen von AGB vorzusehen. Bei der Frage, in welchem Umfang das zulässig ist, muss jedoch die bei Abschluss eines Festpreisvertrages bestehende Interessenlage des Auftraggebers berücksichtigt werden. … Die bei einem Überschreiten des vereinbarten Zeitpunktes formularmäßig eröffnete Vergütungsänderung muss nach § 9 AGBG dem Äquivalenzprinzip als der Vorstellung beider Parteien von der Gleichwertigkeit ihrer Leistungen entsprechen. Ebenso wie bei Kaufverträgen … sind bei Werkverträgen über ein Bauvorhaben — jedenfalls im nichtkaufmännischen Verkehr — Vergütungsänderungsvorbehalte regelmäßig dann mit § 9 AGBG unvereinbar und unwirksam, weil unangemessen, wenn sie es dem Unternehmer als Verwender ermöglichen, über die Abwälzung der konkreten Kostensteigerungen (etwa der Lohn- und Materialkosten) hinaus die vereinbarte Festpreisvergütung ohne jede Begrenzung einseitig anzuheben, etwa um einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen …" Oberlandesgericht Düsseldorf "Die … vorgesehene Anpassung des Kaufpreises bei einer Änderung der Mehrwertsteuer … ist hier entgegen der Ansicht der Beklagten nicht zu berücksichtigen. Die im notariellen Vertrag der Parteien formulierte Klausel genügt nicht den Anforderungen des § 307 BGB und ist daher unwirksam. ... Umsatzsteueranpassungsklauseln müssen die Umstände der Preiserhöhung hinreichend klar umschreiben und in einem angemessenen Verhältnis zu der Mehrbelastung stehen, die sich für den Bauträger aufgrund der Umsatzsteuererhöhung ergibt. Die Preiserhöhung darf nicht zu einer zusätzlichen Gewinnerzielung beim Bauträger führen … Diesem Gebot der Transparenz und Angemessenheit wird die verwendete Klausel nicht gerecht. Der Käufer, d.h. der Leistungsempfänger kann der verwendeten Formulierung nicht entnehmen, welche genauen Kosten auf ihn zukommen und ob diese Kosten angemessen sind. So wurde bei der verwandten Formulierung z.B. nicht die erste Rate ausgenommen. Ihre Einbeziehung ist indes nicht sachgerecht und unangemessen, da sie die Gegenleistung für das Grundstück enthält, das der Bauträger umsatzsteuerfrei erworben hat, so dass eine Preisanpassung nicht sachgerecht ist. Auch die Planungsleistungen, die in den ersten beiden Raten mit enthalten sind, und zumeist bereits zum alten Umsatzsteuersatz erbracht wurden, werden nicht aufgeschlüsselt." Landgericht Bonn "Die … vereinbarte Preisgleitklausel ist gem. § AGB-GESETZ § 9 AGB-Gesetz unwirksam. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH und der herrschenden Auffassung in der Literatur … sind Preiserhöhungsklauseln auch dann an § AGB-GESETZ § 9 AGB-Gesetz zu messen, wenn sie nicht dem § AGB-GESETZ § 11 Nr. 1 AGB-Gesetz unterfallen. Außerhalb des nach § AGB-GESETZ § 11 AGB-Gesetz Unzulässigen beginnt noch nicht der AGB-feste Freiraum. Die nach Ablauf eines Garantiezeitraums formularmäßig eröffnete Vergütungsänderung muss nach § AGB-GESETZ § 9> AGB-Gesetz dem Äquivalenzprinzip als der Vorstellung beider Parteien von der Gleichwertigkeit ihrer Leistungen entsprechen. Grundsätzlich sind Preisgleitklauseln dann unzulässig, wenn sie es dem Unternehmer als Verwender ermöglichen, über die Abwälzung der konkreten Kostensteigerungen hinaus die vereinbarte Festpreisvergütung ohne jede Begrenzung einseitig anzuheben, etwa um einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen …" Basty "Problematisch – auch im Hinblick auf § 307 BGB – sind Umsatzsteuerklauseln dann, wenn sie im Ergebnis nicht nur konkrete Kostenbelastungen weitergeben, sondern darüber hinaus zusätzlichen Gewinnen führen können. Es erscheint (bei pauschaler Betrachtung) nicht sachgerecht, wenn aufgrund dieser Klausel auch die erste Rate erhöht werden könnte. Diese soll im Wesentlichen die Gegenleistung für das Grundstück darstellen, bei dessen Erwerb auch der Bauträger keine Umsatzsteuer zu zahlen hat; würde auch dieser Teilbetrag aufgrund einer Umsatzsteuerhöhung erhöht, könnte der Bauträger unzulässiger Weise einen zusätzlichen Gewinn einstreichen." Kutter "… § 309 Nr. 1 BGB verbietet jede Preisanpassung für Leistungen, die innerhalb von vier Monaten zu erbringen sind, eine Preisanpassung ist deshalb nur für solche Leistungsabschnitte zulässig, die erst nach Ablauf von vier Monaten erbracht werden … Am einfachsten werden die nach der Steueränderung fälligen Kaufpreisraten um den gleichen Prozentsatz erhöht, um den sich auch der vorher gültige Umsatzsteuersatz erhöht hat – wiederum unter Beachtung der Viermonatsfrist des § 309 Nr. 1 BGB. Vorteil dieser Lösung ist die leichte Berechenbarkeit. Modifikationen lassen die Abrechnung gerechter, aber auch komplizierter werden: Eine Erhöhung der ersten Rate sollte ausgeschlossen sein, da auf das Grundstück keine Umsatzsteuer anfällt und die in der ersten Rate enthaltenen Planungsleistungen bei Vertragsabschluss meist schon erbracht und zum alten Umsatzsteuersatz in Rechnung gestellt sind. Teilweise wird stattdessen eine nur teilweise Weitergabe der Umsatzsteuererhöhung in Höhe von 80 % vorgeschlagen … Will man die Umsatzsteuerfreiheit von Grund und Boden berücksichtigen, so ist die Herausnahme der ersten Kaufpreisrate sachgerechter." DNotI-Report "Die Preiserhöhung durch die Mehrwertsteuerklausel darf nicht die vor der Mehrwertsteuererhöhung bereits fertig gestellten Gewerke betreffen. … Ganz überwiegend hält die Literatur auch eine Einbeziehung der Grundstücksrate (§ 3 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 MaBV) in die Mehrwertsteuerklausel für unangemessen; denn der Grundstückserwerb ist von der Mehrwertsteuer befreit …" |