Bundesgerichtshof
Urteil vom 10.11.1983 — VII ZR 373/82
"III. 1. … Allein der Bauträger schuldet dem Erwerber die Erstellung des Bauwerks (hier ausdrücklich hervorgehoben in Abschnitt VII des Vertrages). Er allein trägt daher auch das Risiko mangelfreier Ausführung und muß bei Baumängeln die Einrede des nicht (voll) erfüllten Vertrages gegen sich gelten lassen. 2. a) … Der Auftragnehmer kann nicht einwenden, der Auftraggeber dürfe das Leistungsverweigerungsrecht nur wegen eines den Sicherheitseinbehalt wertmäßig übersteigenden Mängelbeseitigungsanspruchs geltend machen … Die Einbehaltung fälliger Abschlagszahlungen verfolgt vor allem den Zweck, den Auftragnehmer zur umgehenden Beseitigung von Mängeln an den bis dahin erbrachten Leistungen anzuhalten; daß der Sicherheitseinbehalt die Kosten der Mängelbeseitigung deckt, steht dem nicht entgegen …"
Urteil vom 14.05.1992 – VII ZR 204/90
"III. 3 a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß den Klägern ohne die Klausel ein Leistungsverweigerungsrecht zustehen kann, wenn die behaupteten Mängel vorliegen. Die Beklagte hat nach den in der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts das Gebäude bezugsfertig erstellt. Die Kläger sind eingezogen. Die Beklagte hat deshalb die von ihr geschuldete Vorleistung erbracht. Die fünfte Rate ist fällig. Mängel an den erbrachten Teilleistungen stehen der Fälligkeit nicht entgegen. Sie führen aber, ebenso wie bei Vereinbarungen von Ab-schlagszahlungen gem. § 16 Nr. 1 VOB/B, zu einem Leistungsverweigerungsrecht des Erwerbers gem. § 320 BGB … Die fünfte Rate ist deshalb möglicherweise ganz oder teilweise nur Zug um Zug gegen Beseitigung der Mängel zu entrichten … c) Die vertragliche Beschränkung des Leistungsverweigerungsrechtes verstößt gegen § 11 Nr. 2 a AGBG. Danach sind Bestimmungen unwirksam, durch die das Leistungsverweigerungsrecht, das dem Vertragspartner des Verwenders nach § 320 BGB zusteht, ausgeschlossen oder eingeschränkt werden. Eine Beschränkung des dem Besteller zustehenden Leistungsverweigerungsrechtes dahin, daß es nur wegen anerkannter oder rechtskräftig festgestellter Forderungen geltend gemacht werden dürfe, ist demnach unzulässig …"
Urteil vom 20.01.2000 — VII ZR 224/98
"II. 2. Der Verzug der Bekl. … kann nicht mit der Erwägung verneint werden, die Bekl. habe die Übergabe verweigern dürfen, weil der KI. die letzte Rate in jedenfalls geschuldeter Höhe von 54000 DM nicht gezahlt habe. Das BerGer. verkennt, dass die letzte Rate nicht fällig war. Nach dem vom BerGer. nur unvollständig gewürdigten Vertrag war die Bekl. verpflichtet, vor Zahlung der letzten Rate die im Abnahmeprotokoll festgestellten Mängel zu beseitigen. Diese vertragliche Regelung verschaffte dem KI. nicht nur ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe eines Dreifachen der Mängelbeseitigungskosten. Der KI. kann sich vielmehr grundsätzlich auf die fehlende Fälligkeit der letzten Rate berufen, solange die Mängel nicht beseitigt sind …"
Urteil vom 07.06.2001 – VII ZR 420/00
"III. … Sollte sich bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung der Sache herausstellen, dass keine Mängel vorliegen oder trotz der Aufrechnung oder Minderung noch ein so erheblicher Preis geschuldet wird, dass eine Anwendung des § 320 Abs. 2 BGB nicht in Betracht kommt, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob die in § 10 Nr. 5 des Erwerbsvertrages enthaltene Verpflichtung der Erwerber zur Vorleistung wirksam vereinbart ist. Sollte die Klausel, wie die Revision geltend macht, eine von dem Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung sein, hielte sie einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG nicht stand. Durch die auferlegte Pflicht zur Vorleistung verliert der Erwerber die Möglichkeit, sein gesetzliches Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB zur Geltung zu bringen, wenn der Veräußerer nicht oder schlecht erfüllt. Eine Vorleistungsverpflichtung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nur dann wirksam, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, der auch bei der Abwägung mit den hierdurch für den Erwerber entstehenden Nachteilen Bestand hat … Ein solcher ist nicht ersichtlich.“
Urteil vom 09.12.2010 – VII ZR 206/09
"II. 2. a) … Denn durch die Verpflichtung, Vorauszahlungen ohne entsprechenden Gegenwert erbringen zu müssen, ist dem Erwerber beim Auftreten von Mängeln die Möglichkeit genommen, den gem. § 3II MaBV am Baufortschritt ausgerichteten Zahlungen sein gesetzliches Leistungsverweigerungsrecht gem. § 320 BGB entgegenzuhalten oder mit Ansprüchen auf Erstattung der Mängel-beseitigungskosten aufzurechnen … Er ist dann darauf angewiesen, diese Kosten beim Bauträger beizutreiben und muss sie im Falle einer Insolvenz des Bauträgers zusätzlich zum Erwerbspreis selber tragen."
Oberlandesgericht Köln
Urteil vom 25.11.2015- 11 U 46/15
Rn. 38 "… Weist das Objekt die Abnahmereife ausschließende Mängel auf, so kann der Erwerber dem Anspruch auf die Bezugsfertigkeitsrate seinerseits ein Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB entgegenhalten. Der Erwerber ist berechtigt, die Zahlung einer nach Baufortschritt fälligen Rate wegen bis dahin aufgetretener Baumängel in angemessenem Verhältnis zum voraussichtlichen Beseitigungsaufwand zu verweigern … Bei ordnungsgemäßer Vertragsabwicklung hätte die Beklagte nach Erstellung der Bezugsfertigkeit einen fälligen Anspruch auf Auszahlung der Rate von 91,5 % Zug um Zug gegen Besitzübergabe gehabt …. Der Kläger hätte dem Zahlungsanspruch aber seinerseits ein Zurückbehaltungsrecht wegen solcher Mängel entgegenhalten können, die einer Abnahme entgegenstehen …"
Kammergericht
Urteil vom 15.05.2018- 21 U 90/17
Rn. 44 f "Wenn ein Bauträger vertraglich verpflichtet ist, eine Wohneinheit bezugsfertig herzustellen und dem Erwerber zu übergeben, setzt sich diese Pflicht aus zwei Elementen zusammen: Einer Herstellungsverpflichtung, bei der der Bauträger wie bei einem Werkvertrag (vgl. § 641 Abs. 1 S. 1 BGB) vorleistungspflichtig ist, und einer Übergabepflicht, bei der die gegenseitigen Pflichten der Vertragsparteien gleichrangig, also Zug um Zug zu erfüllen sind. Diese Kombination aus Vorleistungspflicht und gleichrangiger Pflicht, die in § 3 Abs. 2 MaBV angelegt ist, trägt der Besonderheit des Bauträgervertrags Rechnung, wonach der Bauträger nicht nur die Herstellung des Vertragsobjekts, sondern auch dessen Übereignung und Übergabe schuldet.
Bei der Durchführung des Leistungsaustauschs ist allerdings zu beachten, dass die Höhe der vom Erwerber Zug um Zug gegen Besitzverschaffung geschuldeten Zahlungen nicht ohne Weiteres dem Vertrag entnommen werden kann, sondern davon abhängt, wie der Bauträger seine zuvor zu leistende Bauverpflichtung erfüllt hat. Hat er das Vertragsobjekt zwar im Wesentlichen vertragsgemäß hergestellt, liegen aber trotzdem Mängel vor, die lediglich der Bezugsfertigkeit nicht entgegenstehen, ist der Erwerber berechtigt, einen Einbehalt von der Bezugsfertigkeitsrate vorzunehmen … Dieser Einbehalt beläuft sich auf die Beseitigungskosten zzgl. eines Druckzuschlags, somit analog § 641 Abs. 3 BGB in der Regel auf die doppelten Beseitigungskosten. Der Erwerber schuldet für die Übergabe eines Kaufgegenstands, der Mängel aufweist, die die Bezugsfertigkeit nicht ausschließen, also nur die Bezugsfertigkeitsrate abzüglich des Mängeleinbehalts. Wegen der Gleichrangigkeit von Übergabepflicht und Zahlungspflicht ist der Bauträger nur zur Übergabe des Vertragsobjekts verpflichtet, wenn der Erwerber auch zur Zahlung der ggf. reduzierten Bezugsfertigkeitsrate bereit ist. Eine verhältnismäßig geringfügige Unterschreitung des geschuldeten Zahlungsstands ist dabei unerheblich …"
Urteil vom 04.10.2017 – 19 O 189/17
Rn. 1 "Die Parteien vereinbarten einen Kaufpreis von 649.087,- €, der nach § 5.4 des Bauträgervertrages … wie folgt fällig werden sollte:
58% nach Beginn der Erdarbeiten und nach Rohbaufertigstellung einschließlich Zimmerarbeiten (= erste Rate),
38,5% nach Herstellung (…) der Bezugsfertigkeit Zug um Zug gegen Besitzübergabe (= zweite Rate),
3,5% nach vollständiger Fertigstellung (= Schlussrate).
Rn. 22 In diesem Sinne muss das Rechtsschutzanliegen eines Wohnungskäufers vorrangig sein, wenn und soweit bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes festgestellt werden kann, dass der in Anspruch genommene Bauträger auch unter Berücksichtigung seiner Einrede aus § 320 BGB die Übergabe der Wohnung unberechtigt verweigert. Für den Erwerber stellt es eine erhebliche Beeinträchtigung dar, wenn ihm die bezugsreif hergestellte Wohnung nicht übergeben wird, denn seine Lebensplanung ist im Zweifel auf den Bezug zum vereinbarten Zeitpunkt ausgerichtet. Natürlich könnte er vorübergehend in eine andere Wohnung, eine Ferienwohnung oder ein Hotel ziehen. Dadurch entstehen aber zusätzliche Kosten, die mit zunehmenden Zeitablauf beträchtlich sein können, die finanziert werden müssen und für die der Erwerber am Ende der Streitigkeit mit dem Bauträger je nach dessen finanzieller Leistungsfähigkeit möglicherweise keinen Ersatz erhält. Auch die bei unberechtigter Verweigerung des Bauträgers vielleicht bestehende Möglichkeit, den Vertrag mit ihm zu kündigen oder von ihm zurückzutreten, ist aufgrund der finanziellen Aus-wirkungen eines solchen Schritts und des Aufwands, der durch die Beschaffung einer anderen (Eigentums-) Wohnung verursacht wird, kein adäquater Ausgleich für den Erwerber."
Urteil vom 25.10. 2016 – 9 U 34/16 Bau
Rn. 29 f "Die Unwirksamkeit der Ratenzahlungsregelung Nr. 6 ergibt sich vor dem Hintergrund von § 4 Nr. 3 und § 5 Nr. 2 des Bauträgervertrages.
Gemäß § 3 Abs. 2 MaBV kann der Bauträger Zahlung einer Rate „nach Bezugsfertigkeit und Zug um Zug gegen Besitzübergabe“ verlangen, er kann diese Rate mithin nur fordern, wenn das Objekt bezugsfertig ist und wenn er gleichzeitig den Besitz einräumt. Bezugsfertigkeit liegt im Bauwesen nach allgemeiner Meinung vor, wenn ein Bauobjekt ohne Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Bewohner auf Dauer bewohnt werden kann. Sie ist nicht gleichzusetzen mit Abnahmereife.
§ 4 Nr. 3 des Bauträgervertrages (S. 11) sieht eine Fälligkeit der Rate 6 „nach Bezugsfertigkeit unverzüglich nach Besitzübergabe und Fertigstellung der Fassadenarbeiten“ vor, steht als solches mithin im Einklang mit § 3 Abs. 2 MaBV.
Der Begriff der Besitzübergabe wird in § 5 Nr. 2 des Bauträgervertrages (S. 13) dann aber nochmals aufgegriffen. Unter der Zwischenüberschrift „Besitzübergabe“ heißt es dort: „Nach der Abnahme des Sondereigentums erfolgt unverzüglich gegen Zahlung der entsprechenden Kaufpreisrate die Besitzübergabe. Lasten sowie die mit dem Vertragsobjekt verbundene Haftung und Verantwortung gehen bereits mit der Abnahme des Sondereigentums auf den Erwerber über. Die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung geht für abgenommene Teile des Vertragsobjektes jeweils mit der Abnahme über.“ § 5 Nr. 2 bestimmt — abgesehen von dem Lasten‑, Haftungs- und Verantwortungsübergang auf den Erwerber mit der Abnahme und vor Besitzübergang — mithin, dass die Abnahme des Sondereigentums Voraussetzung für die Besitzübergabe ist. Eine Abnahme ist ein Mehr gegenüber der bloßen Besitzübertragung, da sie „die körperliche Entgegennahme im Rahmen der Besitzübertragung, verbunden mit der Anerkennung des Werks als in der Hauptsache vertragsgemäß“ beinhaltet … Sie ist nicht nur … "die vertragliche Anerkennung eines Zustandes eines Bauvorhabens, der der Bezugsfertigkeit entspricht“. Fraglich ist, in welchem Verhältnis § 4 Nr. 3 und § 5 Nr. 2 des Bauträgervertrages stehen. Bei der Ermittlung des Vertragsinhalts ist dabei auf den objektiven Empfängerhorizont eines juristischen Laien abzustellen. Für diesen drängt sich ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen § 4 Nr. 3 und § 5 Nr. 2 des Bauträgervertrages auf. Der Begriff der Besitzübergabe findet sich in § 4 Nr. 3, wenig später wird diesem unter der Überschrift „Besitzübergabe“ ein eigenes Kapitel gewidmet. Eine Interpretation dahingehend, dass die Fälligkeit der Rate 6, der sog. Bezugsfertigkeitsrate, über die Vorgaben des § 3 Abs. 2 MaBV hinaus nicht nur an die Zug um Zug zu erfolgende Besitzübergabe, sondern zusätzlich an die von dem Erwerber vorab zu erklärende Anerkennung des Sondereigentums als in der Hauptsache vertragsgemäß geknüpft ist, liegt damit überaus nahe. Damit ginge gegenüber § 3 Abs. 2 MaBV eine Verschärfung der Fälligkeitsvoraussetzungen und eine gewichti-ge Beschränkung der Bauträgerpflicht im Sinn von § 12 MaBV einher, denn dem Erwerber wird zugemutet das Sondereigentum abzunehmen (dass eine gesonderte Abnahme des Sondereigentums grundsätzlich verlangt werden kann, steht hier nicht in Frage), bevor er noch den Besitz daran erlangen kann. Im Zusammenhang mit der Rate 6 soll eine vorherige Abnahme des Sondereigentums erzwungen werden, da es andernfalls keine Besitzübergabe gibt."
Landgericht München
Urteil vom 23.04.2015- 8 O 6509/15
Rn. 50 ff "2. Die Regelung, wonach der Veräußerer die Übergabe verweigern kann, wenn nicht alle bis dahin fälligen Raten gezahlt wurden, erweist sich als unwirksam gemäß § 307 Abs. 1 BGB. Bei den Re-gelungen des Vertrags handelt es sich bereits nach dem äußeren Erscheinungsbild um für eine Vielzahl von Verträgen formulierte Bedingungen und damit um allgemeine Geschäftsbedingungen.
Die vorgenannte Regelung erweist sich für den Erwerber als intransparent im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Aus Ziffer VI. 3. ergibt sich für den Erwerber die berechtigte Erwartung, nach Zahlung von 94,4 % des Kaufpreises den Besitz des Vertragsgegenstands zu erhalten. Die Regelung unter Ziffer VII. 3. S. 3 wirkt für den unbefangenen Erwerber zunächst nur als Bestätigung dieser Erwartung, dass alle in Ziffer.52 VI.3. vor der Besitzübergangsrate genannten Beträge vor Besitzübergang zu zahlen sind …
Auch stellt die Regelung unter Ziffer VII. S. 3 des Kaufvertrags eine unangemessene Benachteiligung des Erwerbers dar. Die sich an die Regelung der MaBV orientierende Zahlung nach Baufortschritt stellt grundsätzlich einen billigen Ausgleich zwischen Erwerber und Bauträger dar. Diesem billigen Interessenausgleich liegt auch zugrunde, dass der Besitzübergang vor der endgültigen Fertigstellung und Fälligkeit der Fertigstellungsrate erfolgt.
Es entspricht den beiderseitigen Interessen, dass die Fertigstellungsrate von 3,5% des Kaufpreises erst mit vollständiger Fertigstellung und Beseitigung der Protokollmängel fällig wird. Der Erwerber hat ein schutzwürdiges Interesse daran, eine Sicherheit für die vollständige Vertragserfüllung zu erhalten. Der Bauträger hat seinerseits demgegenüber bereits zuvor einen Anspruch auf den überwiegenden Anteil des Kaufpreises.
Basty
Der Bauträgervertrag, 10. Aufl. 2021
5 Rn. 127 ff "In § 3 Abs. 2 genannte Raten werden auch dann fällig, wenn die betreffenden Arbeiten mangelhaft sind … Für nach dem 01.01.2018 abgeschlossene Verträge gilt § 632a Abs. 1 Satz 2 BGB n.F. Danach kann der Besteller, wenn die erbrachten Leistungen nicht vertragsgemäß sind, (nur) die Zahlung eines angemessenen Teils des Abschlags verweigern. Er bleibt also auch bei wesentlichen Mängeln im Grundsatz zur Zahlung verpflichtet …
Jedenfalls bestehen Zurückbehaltungsrechte gem. § 320 BGB.287 Dem Interesse des Erwerbers an alsbaldiger Beseitigung der Baumängel entspricht das Leistungsverweigerungsrecht gem. § 320 BGB, das über die Sicherung des Anspruchs hinaus bezweckt, auf den Auftragnehmer Druck ausüben zu können, damit er die ihm obliegende Leistung umgehend erbringt. Wegen Mängeln kann der Erwerber somit einen angemessenen Teilbetrag aus der betreffenden Rate einbehalten. Für den Umfang gilt § 641 Abs. 3 BGB.289 Die Zahlung kann »in der Regel in Höhe des Doppelten der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten« verweigert werden … Der Erwerber muss nichts zur Höhe der Mängelbeseitigungskosten vortragen; darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass der Einbehalt zu hoch ist, ist der Unternehmer.
13 Rn. 73 "Vertragliche Beschränkungen des Leistungsverweigerungs- und Zurückbehaltungsrechts des Erwerbers aus §§ 320, 641 Abs. 3 BGB verstoßen gegen § 309 Nr. 2 a BGB, in Verträgen zwischen Kaufleuten gegen § 307 BGB … "
Blank
Bauträgervertrag, 5. Aufl. 2015
Rn. 548 "Etwas anderes gilt, wenn Mängel bekannt sind oder die Erwerbergemeinschaft noch Mängel des Baukörpers, der im Gemeinschaftseigentum steht, behauptet. Hat der Notar Kenntnis von Män-geln, z.B. weil die Vertragsparteien ihn darauf hinweisen, so sollte er nur eine Teilzahlung des Erwerbspreises gegen Übergabe vorschlagen und im Übrigen die Zahlung eines Restbetrages, der sich am zweifachen Wert der Mängelbeseitigungskosten orientieren sollte, davon abhängig machen, dass die Mängel beseitigt sind …"
Busche
Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020
§ 641 Rn. 31 "Erfüllt der Unternehmer seine Nacherfüllungsverpflichtung nach der Abnahme nicht, so wird dadurch der Vergütungsanspruch des Unternehmers nicht ausgeschlossen. Der Besteller kann der Vergütungsforderung des Unternehmers jedoch die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gemäß § 320 entgegenhalten. Diesen bereits aus dem allgemeinen Schuldrecht folgenden Grundsatz hat der Gesetzgeber im Zuge der Novellierung des Werkvertragsrechts durch das Gesetz zur Be-schleunigung fälliger Zahlungen nochmals ausdrücklich in Abs. 3 verankert. Ziel der Regelung war insoweit lediglich eine Klarstellung unter weitgehender inhaltlicher Übernahme der zu § 320 ergangenen Entscheidungspraxis … Dem Gesetzgeber ging es allein um die Klarstellung, dass die Neugestaltung der Fälligkeitsregelungen das Leistungsverweigerungsrecht unberührt lässt. Zweck dieses Leistungsverweigerungsrechts ist es, auf den Unternehmer Druck auszuüben, damit dieser die dem Besteller geschuldete, für ihn aber in der Regel „lästige“ Nacherfüllung ausführt.
Rn. 34 "Nach dem Wortlaut des Abs. 3 besteht das Leistungsverweigerungsrecht „nach der Fälligkeit“. In Abs. 3 aF, … war dagegen von einem Leistungsverweigerungsrecht „nach der Abnahme“ die Rede. Dies war vom Wortlaut her erkennbar zu eng … Es ist daher interessengerecht, dem Besteller auch in diesem Fall ein Leistungsverweigerungsrecht zuzubilligen, wenn das durch Abschlagszahlung zu vergütende Werk ersichtlich mangelhaft ist. Schließlich ist es nicht zumutbar, sehenden Auges eine Abschlagszahlung in voller Höhe auf ein mangelhaftes Werk zu leisten …"
Mayr
BeckOK Bauvertragsrecht, 12. Edition, Stand: 06.11.2020
§ 641 Rn. 33 f "Im Fall des Vorliegens von Mängeln steht dem Besteller grundsätzlich auch nach Abnahme das Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 Abs. 1 zu … Aufgrund der Tatsache, dass der Besteller das Werk bereits als im Wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung abgenommen hat, ist es jedoch nicht gerechtfertigt, dass der Besteller die Vergütung in vollem Umfang verweigern kann. Aus diesem Grund wurde das Leistungsverweigerungsrecht der Höhe nach begrenzt.
Mit der Neufassung des Abs. 3 durch das FoSiG wurde der sog. Druckzuschlag vom mindestens Dreifachen der Mängelbeseitigungskosten auf einen „angemessenen“, in der Regel das Doppelte der Mängelbeseitigungskosten betragenden Teil der Vergütung reduziert. Was letztlich angemessen ist, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab; zum einen muss der Druckzuschlag so hoch sein, dass sich der Unternehmer veranlasst sieht, seiner Verpflichtung zur Mängelbeseitigung nachzukom-men; zum anderen darf der Besteller durch den Druckzuschlag aber auch nicht übersichert werden."
Voit
BeckOK BGB, 56. Edition, Stand: 01.05.2020
§ 641 Rn. 36 "Weist das Werk einen Mangel auf, so kann der Besteller nach § 634 Nr. 1, § 635 Nacherfüllung verlangen … Dieser Nacherfüllungsanspruch ist als Fortsetzung des Erfüllungsanspruchs zu verstehen, so dass dem Besteller gegenüber dem fälligen Vergütungsanspruch wegen des Nacherfüllungsanspruchs ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 zusteht. Dieses wird durch Abs. 3 näher ausgestaltet und über die Fälle des abgenommenen Werks hinaus auf alle Konstellationen der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs ausgedehnt …"
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