Mer­kan­ti­ler Minderwert

 

Stich­wor­te:
Mer­kan­ti­ler Min­der­wert, Prü­fung Bauträgervertrag

Bun­des­ge­richts­hof
Urteil vom 06.12.2012 – VII ZR 84/10

Leit­satz

Zur Schät­zung eines Min­dest­be­tra­ges für einen mer­kan­ti­len Min­der­wert eines Gebäu­des nach Besei­ti­gung von Ris­sen im Innen- und Außenputz.

Tenor

Auf die Revi­si­on der Klä­ge­rin wird das Urteil des 7. Zivil­se­nats des Kam­mer­ge­richts in Ber­lin-Schö­ne­berg vom 27. April 2010 im Kos­ten­punkt und inso­weit auf­ge­ho­ben, als die Kla­ge in Höhe von 150.000 € nebst Zin­sen abge­wie­sen wor­den ist.

Die Anschluss­re­vi­si­on der Beklag­ten wird zurückgewiesen.

Die Sache wird im Umfang der Auf­he­bung zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung, auch über die Kos­ten des Revi­si­ons­ver­fah­rens ein­schließ­lich der durch die Streit­hil­fe ver­ur­sach­ten Kos­ten, an einen ande­ren Senat des Beru­fungs­ge­richts zurückverwiesen.

Die Beklag­ten tra­gen die Kos­ten des Ver­fah­rens über ihre Beschwer­de gegen die Nicht­zu­las­sung der Revision.

Von Rechts wegen

Tat­be­stand

Die Klä­ge­rin begehrt Scha­dens­er­satz wegen man­gel­haf­ter Pla­nungs­leis­tun­gen der Beklag­ten. Sie ließ im Jahr 1997 durch die Streit­hel­fe­rin der Beklag­ten in B. zwei bau­glei­che Mehr­fa­mi­li­en­häu­ser errich­ten. Die Beklag­te zu 1 erstell­te die Trag­werks­pla­nung; die Beklag­te zu 2, eine Gesell­schaft bür­ger­li­chen Rechts, deren Gesell­schaf­ter die Beklag­ten zu 3 bis 6 sind, war mit den Grund­leis­tun­gen aus § 15 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 HOAI beauf­tragt. Nach Fer­tig­stel­lung der Bau­vor­ha­ben tra­ten viel­fäl­ti­ge Ris­se im Innen- und Außen­putz auf. Die­se sind zwi­schen­zeit­lich beho­ben. Die hier­für auf­ge­wand­ten Beträ­ge macht die Klä­ge­rin zusam­men mit einem ent­stan­de­nen Miet­aus­fall gel­tend, soweit sie nicht von der Streit­hel­fe­rin der Beklag­ten getra­gen wor­den sind. Außer­dem ver­langt sie den Ersatz eines ver­blie­be­nen mer­kan­ti­len Min­der­wer­tes in Höhe von 150.000 €.

Das Beru­fungs­ge­richt hat die Beklag­ten ver­ur­teilt, als Gesamt­schuld­ner an die Klä­ge­rin 40.045,03 € (auf­ge­wand­te Kos­ten für Män­gel­be­sei­ti­gung sowie Miet­aus­fall­scha­den) nebst Zin­sen zu zah­len. Im Übri­gen hat es die Kla­ge abgewiesen.

Mit der vom Senat zuge­las­se­nen Revi­si­on ver­folgt die Klä­ge­rin ihren Antrag auf wei­te­re Zah­lung von 150.000 € (mer­kan­ti­ler Min­der­wert) nebst Zin­sen wei­ter. Die Beklag­ten haben ihre zunächst ein­ge­leg­te Beschwer­de gegen die Nicht­zu­las­sung der Revi­si­on zurück­ge­nom­men. Sie begeh­ren eben­so wie ihre Streit­hel­fe­rin die Zurück­wei­sung der Revi­si­on. Mit ihrer Anschluss­re­vi­si­on möch­ten die Beklag­ten die voll­stän­di­ge Kla­ge­ab­wei­sung erreichen.

Ent­schei­dungs­grün­de

Die Revi­si­on der Klä­ge­rin führt zur Auf­he­bung des Beru­fungs­ur­teils, soweit die Kla­ge in Höhe eines Betra­ges von 150.000 € nebst Zin­sen abge­wie­sen wor­den ist, und inso­weit zur Zurück­ver­wei­sung der Sache an das Beru­fungs­ge­richt. Die Anschluss­re­vi­si­on hat kei­nen Erfolg.

Auf das Schuld­ver­hält­nis sind die bis zum 31. Dezem­ber 2001 gel­ten­den Rechts­vor­schrif­ten anwend­bar (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Beru­fungs­ge­richt bejaht einen Anspruch der Klä­ge­rin gegen die Beklag­ten gemäß § 635 BGB in Höhe von 36.719,36 € wegen der Besei­ti­gung der Män­gel der Außen­fas­sa­de und der Innen­wän­de sowie eines ent­stan­de­nen Miet­aus­falls in Höhe von 3.325,67 €. Auf­grund des Gut­ach­tens des Sach­ver­stän­di­gen S. ste­he fest, dass infol­ge feh­ler­haf­ter Pla­nung durch die Beklag­ten ein Man­gel auf­ge­tre­ten sei, der zu den Schä­den an dem Bau­werk geführt habe. Die Beklag­te zu 1 haf­te als Trag­werks­pla­ne­rin für die feh­ler­haf­te Pla­nung. Sie hät­te eine kon­struk­ti­ve Lösung für die zu befürch­ten­den Riss­bil­dun­gen im Innen- und Außen­be­reich vor­schla­gen müs­sen. Die Beklag­te zu 2 hät­te eben­so in der Ent­wurfs­pla­nung die ent­spre­chen­den Vor­ga­ben machen müs­sen. Die Beklag­ten zu 3 bis 6 haf­te­ten als Gesell­schaf­ter der Beklag­ten zu 2 für deren Ver­bind­lich­kei­ten ent­spre­chend § 128 HGB.

Ein Anspruch auf Ersatz eines mer­kan­ti­len Min­der­werts, der im Ein­zel­fall gemäß § 251 BGB zu den Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten hin­zu­zu­rech­nen sei, bestehe nicht. Ein mer­kan­ti­ler Min­der­wert kön­ne trotz völ­li­ger und ord­nungs­ge­mä­ßer Instand­set­zung dadurch ver­blei­ben, dass bei einem gro­ßen Teil des Publi­kums vor allem wegen des Ver­dachts ver­bor­gen geblie­be­ner Schä­den eine den Preis beein­flus­sen­de Abnei­gung gegen den Erwerb bestehe. Vor­aus­set­zung sei, dass es sich um ein markt­gän­gi­ges Objekt han­de­le, was hier grund­sätz­lich der Fall sei. Jedoch sei ein Min­der­wert auf der Grund­la­ge der Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen O. und auch sonst nicht zu ermitteln.

Ange­sichts der Grö­ßen­ord­nung der erfor­der­lich gewe­se­nen Nach­bes­se­rungs­ar­bei­ten wer­de man davon aus­ge­hen müs­sen, dass ein red­li­cher Ver­käu­fer einen Kauf­in­ter­es­sen­ten dar­über infor­miert, dass die­se Arbei­ten aus­ge­führt wer­den muss­ten und dass davon aus­ge­gan­gen wer­den kön­ne, dass kei­ne Fol­ge­schä­den mehr zu befürch­ten sei­en. Damit sei ein Anspruch auf Ersatz eines mer­kan­ti­len Min­der­werts dem Grun­de nach nicht aus­ge­schlos­sen. Die Höhe kön­ne nur danach bestimmt wer­den, wie eine grö­ße­re Grup­pe von Kauf­in­ter­es­sen­ten reagie­ren wür­de, wenn sie von der Klä­ge­rin über die besei­tig­ten Män­gel und die Höhe der erfor­der­lich gewor­de­nen Repa­ra­tur­kos­ten infor­miert würde.

Der Wert­ein­fluss der­ar­ti­ger Belas­tun­gen lie­ße sich markt­ge­recht am bes­ten nach dem Ver­gleichs­wert­ver­fah­ren aus der Ablei­tung tat­säch­li­cher Ver­kaufs­prei­se sol­cher Objek­te bestim­men. Dies sei jedoch nicht mög­lich, weil für eine sta­tis­tisch gesi­cher­te Aus­sa­ge kei­ne aus­rei­chen­de Anzahl von ent­spre­chen­den Ver­gleichs­grund­stü­cken ermit­telt wer­den kön­ne. Es bestehe kein "Markt" für Wert­min­de­run­gen, aus dem Para­me­ter ables­bar wären, wel­che die Ant­wort auf die hier erho­be­ne Fra­ge­stel­lung geben könn­ten. Die Ermitt­lung der Wert­min­de­rung kön­ne des­halb ins­be­son­de­re nur unter Berück­sich­ti­gung der Scha­dens­ur­sa­che, der durch den Scha­den bewirk­ten bzw. mög­li­cher­wei­se bewirk­ten Umstän­de, der indi­vi­du­el­len Eigen­schaf­ten des geschä­dig­ten Objek­tes und den zum Wert­ermitt­lungs­stich­tag herr­schen­den all­ge­mei­nen Markt­be­din­gun­gen vor­ge­nom­men wer­den. Dafür sei­en die in den Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen O. nie­der­ge­leg­ten Berech­nun­gen kei­ne geeig­ne­te Grund­la­ge. Der Sach­ver­stän­di­ge habe nicht erläu­tert, wie er auf die von ihm her­an­ge­zo­ge­nen Aus­gangs­wer­te gekom­men sei. Denn er habe erklärt, es han­de­le sich um Schätz­wer­te, die jeweils ein­zeln angreif­bar sei­en und auf sei­ner frei­en Schät­zung beruh­ten. Er habe die­se Schät­zung auf der Grund­la­ge des­sen vor­ge­nom­men, wie nach sei­ner Auf­fas­sung ein durch­schnitt­li­cher Markt­teil­neh­mer die Wahr­schein­lich­keit des Ein­tritts spä­te­rer Schä­den schät­zen wür­de. Der Sach­ver­stän­di­ge habe selbst erklärt, die von ihm vor­ge­nom­me­ne Schät­zung beru­he auf sei­nem "Bauch­ge­fühl". Wenn der Sach­ver­stän­di­ge bei sei­ner Gewich­tung außer­dem zu dem Ergeb­nis gelan­ge, der mer­kan­ti­le Min­der­wert sei fast dop­pelt so hoch ein­zu­schät­zen wie die gesam­ten zur Besei­ti­gung der Ris­se und ihrer Ursa­chen auf­ge­wand­ten Kos­ten, so ste­he das außer Ver­hält­nis zu dem, was ein beson­ne­ner Kauf­in­ter­es­sent bei Offen­ba­rung sämt­li­cher rele­van­ten Umstän­de ver­nünf­ti­ger­wei­se befürch­ten könnte.

Ent­spre­chen­des gel­te auch für die von dem Sach­ver­stän­di­gen O. vor­ge­nom­me­ne "Exper­ten­be­fra­gung". Zwar stel­le es grund­sätz­lich einen rich­ti­gen Ansatz dar, fest­zu­stel­len, wie sich der repa­rier­te Scha­den auf die Bereit­schaft poten­ti­el­ler Kauf­in­ter­es­sen­ten am Markt zur Zah­lung des vol­len oder nur eines gemin­der­ten Kauf­prei­ses aus­wir­ken wür­de. Es sei jedoch kein geeig­ne­tes Mit­tel, ver­schie­de­nen Exper­ten in einem Tele­fon­ge­spräch von jeweils 10 bis 15 Minu­ten die Sach­la­ge dar­zu­le­gen und sie eine Schät­zung abge­ben zu las­sen. Das zei­ge auch sehr deut­lich die Streu­brei­te der genann­ten Pro­zent­sät­ze von 5 % bis 30 % des Kauf­prei­ses. Auch die­se Zah­len beruh­ten ledig­lich auf dem jewei­li­gen "Bauch­ge­fühl" der Gesprächspartner.

Eben­so wenig sei das Pri­vat­gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen St. eine aus­rei­chend siche­re Schät­zungs­grund­la­ge. Soweit der Sach­ver­stän­di­ge mei­ne, Brand­schutz und Last­ver­tei­lung inner­halb der tra­gen­den Wän­de sei­en durch die vor­han­de­nen Ris­se beein­flusst, feh­le jeg­li­che Grund­la­ge, wor­auf die­se Ver­mu­tung beru­he. Als Schät­zungs­grund­la­ge kämen auch, anders als der Ermitt­lung der Wert­min­de­rung von ver­un­fall­ten Kraft­fahr­zeu­gen, nicht die Kos­ten der Män­gel­be­sei­ti­gung in Betracht. Denn es han­de­le sich um einen indi­vi­du­el­len Gebäu­de­kom­plex, für den es kei­ne ver­gleich­ba­ren Markt­da­ten und damit auch kei­ne ver­läss­li­che Grund­la­ge für eine Schät­zung der Wert­min­de­rung gebe. Außer­dem hän­ge die Fra­ge, ob und gege­be­nen­falls in wel­cher Höhe von Kauf­in­ter­es­sen­ten eine Wert­min­de­rung durch­ge­setzt wer­den kön­ne, grund­sätz­lich vom Grund­stücks­markt ab, was in den Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten und der "Exper­ten­be­fra­gung" kei­ne Berück­sich­ti­gung gefun­den habe. Schließ­lich sei auch eine objek­tiv nicht gerecht­fer­tig­te Min­de­rung eines Kauf­prei­ses vom Schutz­zweck der scha­dens­recht­li­chen Nor­men nicht mehr umfasst und kön­ne des­halb nicht auf den Schä­di­ger abge­wälzt werden.

Die Ein­ho­lung wei­te­rer Gut­ach­ten kön­ne nicht zur Auf­klä­rung eines Scha­dens bei­tra­gen; auch sonst lägen kei­ne kon­kre­ten Grund­la­gen für eine Scha­dens­schät­zung vor. Des­halb kön­ne bei der Klä­ge­rin kein Scha­den durch eine Wert­min­de­rung fest­ge­stellt werden.

II.

Das hält der recht­li­chen Nach­prü­fung nur teil­wei­se stand.

1. Ohne Erfolg blei­ben die Angrif­fe der Anschluss­re­vi­si­on, mit denen sie sich gegen die Fest­stel­lung der Haf­tung der Beklag­ten dem Grun­de nach wehrt.

Die Anschluss­re­vi­si­on rügt zu Unrecht, dass das Beru­fungs­ge­richt offen­ge­las­sen habe, ob die streit­aus­lö­sen­den Ris­se aus­schließ­lich auf die vom Beru­fungs­ge­richt fest­ge­stell­ten Pla­nungs­feh­ler der Beklag­ten, wie das Feh­len funk­ti­ons­fä­hi­ger Fugen, oder aus­schließ­lich auf den vom Sach­ver­stän­di­gen S. ange­spro­che­nen Schwund­pro­zess wäh­rend der Bau­ar­bei­ten zurück­zu­füh­ren sei­en. Denn für einen Pla­nungs­feh­ler (feh­len­de Fugen) haf­te­ten die Beklag­ten, für Feh­ler bei der Aus­füh­rung haf­te­ten sie dage­gen man­gels Beauf­tra­gung mit der Bau­auf­sicht nicht.

Die­se Angrif­fe ver­mö­gen die vom Beru­fungs­ge­richt zutref­fend getrof­fe­ne Fest­stel­lung der Ver­ant­wort­lich­keit der Beklag­ten für die in Rede ste­hen­den Män­gel nicht in Fra­ge zu stel­len. Zwar ist es rich­tig, dass der Sach­ver­stän­di­ge S. es für mög­lich gehal­ten hat, dass sowohl die Innen­ris­se als auch die Außen­ris­se schon im Rah­men der Bau­aus­füh­rung ent­stan­den sein kön­nen. Dabei hat er die Mög­lich­keit gese­hen, dass die Innen­ris­se auf einem Schwin­den der Decke zu einem Zeit­punkt, als die Wär­me­däm­mung auf dem Dach noch nicht auf­lag, beru­hen und dass die Außen­ris­se eben­falls durch Schwin­den der Decke im Zusam­men­hang mit der Tem­pe­ra­tur ent­stan­den sein kön­nen. Damit ist ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Anschluss­re­vi­si­on jedoch nicht aus­ge­sagt, dass in die­sem Fall die vom Beru­fungs­ge­richt fest­ge­stell­ten Pla­nungs­feh­ler der Beklag­ten (feh­len­de Aus­bil­dung einer funk­ti­ons­fä­hi­gen Fuge zwi­schen Leicht­mau­er­werk und dem Stahl­be­ton-Atti­ka­ele­ment; feh­len­de Aus­bil­dung der Hori­zon­tal­fu­ge zwi­schen obers­ter Mau­er­werk­la­ge und Atti­ka­ele­ment) für die Män­gel nicht ursäch­lich gewor­den wären. Selbst wenn die Ris­se bereits wäh­rend des Schwind­pro­zes­ses bei der Bau­aus­füh­rung ent­stan­den sind, so beru­hen sie nicht aus­schließ­lich hier­auf und auf einer hier­bei von der Anschluss­re­vi­si­on unter­stell­ten feh­ler­haf­ten Bau­aus­füh­rung oder Bau­auf­sicht. Viel­mehr konn­te es zu den Ris­sen auch dann nur wegen der feh­len­den Aus­bil­dun­gen der Fugen kom­men. Etwa­ige wei­te­re Feh­ler wäh­rend der Bau­aus­füh­rung waren dann nur mit­ur­säch­lich. Eine aus­schließ­li­che Ursäch­lich­keit des Schwind­pro­zes­ses wäh­rend der Bau­ar­bei­ten unab­hän­gig von den Pla­nungs­feh­lern der Beklag­ten kommt ent­ge­gen der Ansicht der Anschluss­re­vi­si­on nicht in Betracht. Das Beru­fungs­ge­richt hat gera­de fest­ge­stellt, dass eine feh­ler­freie Pla­nung auch die Gefahr sol­cher Riss­bil­dun­gen bereits wäh­rend der Bau­aus­füh­rung ver­hin­dern soll­te und musste.

2. Die Revi­si­on bean­stan­det mit Erfolg, dass das Beru­fungs­ge­richt kei­nen Scha­den der Klä­ge­rin wegen eines mer­kan­ti­len Min­der­wer­tes der Gebäu­de hat fest­stel­len kön­nen. Zwar ist die Bemes­sung der Höhe des Scha­dens­er­satz­an­spru­ches in ers­ter Linie Sache des nach § 287 ZPO beson­ders frei­ge­stell­ten Tat­rich­ters. Sie ist revi­si­ons­recht­lich nur dar­auf­hin über­prüf­bar, ob der Tat­rich­ter Rechts­grund­sät­ze der Scha­dens­be­mes­sung ver­kannt, wesent­li­che Bemes­sungs­fak­to­ren außer Betracht gelas­sen oder sei­ner Schät­zung unrich­ti­ge Maß­stä­be zugrun­de gelegt hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 – VI ZR 157/11, NJW 2012, 2024 Rn. 23 m.w.N.). Sol­che Rechts­feh­ler lie­gen indes vor.

Im Ansatz rich­tig hat das Beru­fungs­ge­richt aller­dings eine kri­ti­sche Wür­di­gung des Gut­ach­tens des Sach­ver­stän­di­gen O. vor­ge­nom­men. Das Beru­fungs­ge­richt hat jedoch die Anfor­de­run­gen über­spannt, die not­wen­dig sind, um nach § 287 Abs. 1 ZPO jeden­falls einen ein­ge­tre­te­nen Min­dest­scha­den zu beja­hen. Soweit es die Dar­le­gun­gen des Sach­ver­stän­di­gen hier­zu für unzu­rei­chend gehal­ten hat, hät­te es auf eine Erläu­te­rung oder Ergän­zung hin­wir­ken müssen.

a) Ein mer­kan­ti­ler Min­der­wert liegt vor, wenn nach erfolg­ter Män­gel­be­sei­ti­gung eine ver­rin­ger­te Ver­wert­bar­keit gege­ben ist, weil die maß­geb­li­chen Ver­kehrs­krei­se ein im Ver­gleich zur ver­trags­ge­mä­ßen Aus­füh­rung gerin­ge­res Ver­trau­en in die Qua­li­tät des Gebäu­des haben (vgl. BGH, Urtei­le vom 9. Janu­ar 2003 – VII ZR 181/00, BGHZ 153, 279; vom 15. Dezem­ber 1994 – VII ZR 246/93, BauR 1995, 388; vom 11. Juli 1991 – VII ZR 301/90, BauR 1991, 744; vom 19. Sep­tem­ber 1985 – VII ZR 158/84, BauR 1986, 103).

Das Beru­fungs­ge­richt hat selbst fest­ge­stellt, dass es sich bei den Gebäu­den um markt­gän­gi­ge Objek­te han­delt, so dass deren Ver­wert­bar­keit bei den maß­geb­li­chen Ver­kehrs­krei­sen grund­sätz­lich fest­ge­stellt wer­den kann. Es ist auch davon aus­ge­gan­gen, dass ein red­li­cher Ver­käu­fer einen Kauf­in­ter­es­sen­ten über die aus­ge­führ­ten Män­gel­be­sei­ti­gungs­ar­bei­ten infor­miert. Bei­des begeg­net kei­nen Beden­ken. Die gegen das Letz­te­re erho­be­ne Rüge der Streit­hel­fe­rin der Beklag­ten ist unbe­grün­det. Ent­ge­gen ihrer Ansicht hat das Beru­fungs­ge­richt die Infor­ma­ti­ons­pflicht eines red­li­chen Ver­käu­fers nicht allein aus der Grö­ßen­ord­nung der durch­ge­führ­ten Nach­bes­se­rungs­ar­bei­ten abge­lei­tet. Es hat auch dar­auf hin­ge­wie­sen, dass zwar nach den Gut­ach­ten mit einem erneu­ten Auf­tre­ten von Ris­sen nicht zu rech­nen sei, dies jedoch auch nicht voll­stän­dig aus­zu­schlie­ßen sei. Das wie­der­um beruht ersicht­lich dar­auf, dass nach den vom Beru­fungs­ge­richt in Bezug genom­me­nen Fest­stel­lun­gen des Land­ge­richts die Nach­bes­se­rung im Wesent­li­chen nur die Scha­dens­fol­gen besei­tigt hat, ihre Ursa­che in Form des feh­len­den Gleit­la­gers jedoch unver­än­dert fortbesteht.

b) Im Ergeb­nis nicht zu bean­stan­den sind auch die Erwä­gun­gen des Beru­fungs­ge­richts, dass es kei­nen "Markt für bestimm­te Wert­min­de­run­gen" der hier vor­lie­gen­den Art gebe, so dass kei­ne all­ge­mei­nen Para­me­ter gefun­den wer­den könn­ten, nach denen Abschlä­ge zu bemes­sen sei­en. Es ist zutref­fend davon aus­ge­gan­gen, dass die Wert­min­de­rung nur auf das kon­kre­te Objekt bezo­gen durch die indi­vi­du­el­len Eigen­schaf­ten des geschä­dig­ten Objek­tes unter Berück­sich­ti­gung der kon­kre­ten Scha­dens­ur­sa­che und den zum Wert­ermitt­lungs­stich­tag herr­schen­den all­ge­mei­nen Markt­be­din­gun­gen vor­ge­nom­men wer­den kann.

aa) Zu Unrecht meint das Beru­fungs­ge­richt jedoch, die von dem Sach­ver­stän­di­gen O. vor­ge­nom­me­ne "Exper­ten­be­fra­gung" kön­ne kei­ne geeig­ne­te Grund­la­ge zur Schät­zung eines Min­dest­scha­dens der Klä­ge­rin im Hin­blick auf einen mer­kan­ti­len Min­der­wert der Gebäu­de sein. Das Beru­fungs­ge­richt sieht selbst zu Recht, dass es grund­sätz­lich einen rich­ti­gen Ansatz dar­stellt, fest­zu­stel­len, wie sich der repa­rier­te Scha­den auf die Bereit­schaft poten­ti­el­ler Kauf­in­ter­es­sen­ten am Markt zur Zah­lung des vol­len oder nur eines ent­spre­chend gemin­der­ten Kauf­prei­ses aus­wir­ken wür­de. Dies kann durch­aus in der Wei­se gesche­hen, dass der Sach­ver­stän­di­ge Fach­leu­te befragt, die den Markt ken­nen und in der Lage sind, fun­dier­te Wert­ein­schät­zun­gen der betrof­fe­nen Gebäu­de abzu­ge­ben und dabei die Aus­wir­kun­gen der durch­ge­führ­ten Män­gel­ar­bei­ten auf die Bereit­schaft poten­ti­el­ler Kauf­in­ter­es­sen­ten, den übli­chen Markt­preis man­gel­frei­er Gebäu­de zu zah­len, ein­zu­schät­zen. Das Beru­fungs­ge­richt ver­kennt das Maß not­wen­di­ger Sicher­heit im Rah­men der frei­en Über­zeu­gung nach § 287 Abs. 1 ZPO, wenn es aus der Streu­brei­te der genann­ten Abschlä­ge ablei­tet, dass die Zah­len auf einem nicht als Grund­la­ge für eine Schät­zung geeig­ne­ten "Bauch­ge­fühl" der Befrag­ten beruhten.

bb) Im Rah­men des § 287 Abs. 1 ZPO soll das Gericht die Scha­dens­hö­he gera­de schät­zen, wobei in Kauf genom­men wird, dass das Ergeb­nis unter Umstän­den mit der Wirk­lich­keit nicht über­ein­stimmt (BGH, Urteil vom 16. Dezem­ber 1963 – III ZR 47/63, NJW 1964, 589; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 287 Rn. 2). Nur wenn man­gels greif­ba­rer Anhalts­punk­te eine Grund­la­ge für das Urteil nicht zu gewin­nen ist und das rich­ter­li­che Ermes­sen voll­ends in der Luft hän­gen wür­de, wenn also eine Schät­zung nicht mög­lich ist, bleibt es bei der Regel, dass den Klä­ger die Beweis­last für die kla­ge­be­grün­den­den Tat­sa­chen trifft und deren Nicht­er­weis­lich­keit ihm scha­det (BGH, Urtei­le vom 16. Dezem­ber 1963 – III ZR 47/63, aaO; vom 11. März 2004 – VII ZR 339/02, BauR 2004, 1290 = NZBau 2004, 389 m.w.N.).

Wenn es dage­gen nur an aus­rei­chen­den Anhalts­punk­ten fehlt, einen ein­heit­li­chen Scha­den in sei­nem vol­len Umfang zu schät­zen, ist zu prü­fen, ob die vor­lie­gen­den Tat­sa­chen aus­rei­chen, wenigs­tens einen gewis­sen Scha­dens­be­trag durch Schät­zung fest­zu­stel­len. Steht fest, dass ein Scha­den in einem der Höhe nach nicht bestimm­ba­ren, aber jeden­falls erheb­li­chen Aus­ma­ße ent­stan­den ist, dann wird sich in der Regel aus den Umstän­den, die die Annah­me eines erheb­li­chen Scha­dens begrün­den, eine aus­rei­chen­de Grund­la­ge für die Ermitt­lung eines gewis­sen (Min­dest-) Scha­dens gewin­nen las­sen. Dar­über hin­aus mag für die Ent­ste­hung eines höhe­ren Scha­dens noch eine gewis­se Wahr­schein­lich­keit bestehen, die für die wenig über dem (Min­dest-) Scha­den lie­gen­den Beträ­ge ver­hält­nis­mä­ßig hoch sein kann und für wei­te­re Beträ­ge immer gerin­ger wird. Sache des Gerichts ist es, unter Berück­sich­ti­gung aller wesent­li­chen Umstän­de die Gren­ze zu ermit­teln, bis zu der für die Schät­zung eines Scha­dens eine aus­rei­chen­de Grund­la­ge vor­han­den ist. Mag der so geschätz­te Betrag auch hin­ter dem wirk­li­chen Scha­den zurück­blei­ben, so wird wenigs­tens ver­mie­den, dass der Geschä­dig­te völ­lig leer aus­geht, obwohl die Ersatz­pflicht für einen Scha­den erheb­li­chen Aus­ma­ßes fest­steht. Das ent­spricht dem Zweck des § 287 ZPO, denn eben, um der­ar­ti­ge unbil­li­ge Ergeb­nis­se zu ver­mei­den, hat der Gesetz­ge­ber dem Rich­ter das Recht gege­ben und damit die Pflicht auf­er­legt, einen Scha­den trotz unvoll­stän­di­ger Auf­klä­rung des Sach­ver­halts durch Schät­zung fest­zu­le­gen (BGH, Urteil vom 16. Dezem­ber 1963 – III ZR 47/63, aaO).

cc) Danach gab es auf­grund der Befra­gung von Fach­leu­ten durch den Sach­ver­stän­di­gen O. durch­aus Anhalts­punk­te dafür, in wel­cher Höhe bei einem Ver­kauf min­des­tens eine Ein­bu­ße beim Erlös ein­tre­ten wür­de. Soweit das Gericht von der Fach­kun­de der Aus­kunfts­per­so­nen über­zeugt ist, scha­det es nicht, wenn auch die Fach­leu­te ihrer­seits kei­ne Anga­ben mit mathe­ma­ti­scher Genau­ig­keit machen kön­nen und die­se von sub­jek­ti­ven Ein­schät­zun­gen nicht frei sind. Dies schlägt sich nicht anders nie­der als wenn das Gericht selbst in Gebie­ten, in denen es die not­wen­di­ge Sach­kun­de besitzt, die gebo­te­ne Schät­zung ins­ge­samt vor­nimmt. Soweit unter­schied­li­che Anga­ben vor­lie­gen, obliegt es dem Tat­rich­ter nach den genann­ten Grund­sät­zen, ob er nicht die nied­rigs­ten Anga­ben als Min­dest­scha­den zu Grun­de legt oder bis zu einem gewis­sen Rah­men eine aus­rei­chen­de Wahr­schein­lich­keit sieht, hier­über hin­aus zu gehen.

Soweit das Beru­fungs­ge­richt gemeint hat, dass den Befrag­ten nicht ein­mal ansatz­wei­se irgend­wel­che kon­kre­ten Grund­la­gen zur Ver­fü­gung gestan­den hät­ten, sich ein rea­lis­ti­sches Bild von den Objek­ten zu machen, hät­te es die­sen Man­gel durch eine ergän­zen­de Beauf­tra­gung des Sach­ver­stän­di­gen behe­ben kön­nen und müs­sen. Auch soweit das Beru­fungs­ge­richt schließ­lich ver­misst hat, dass in dem Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten und der "Exper­ten­be­fra­gung" die grund­sätz­li­che Lage des Grund­stücks­mark­tes zum Wert­ermitt­lungs­stich­tag kei­ne Berück­sich­ti­gung gefun­den hat, so wäre auch dies durch eine Ergän­zung des Gut­ach­tens nach­zu­ho­len gewesen.

III.

Der Senat kann in der Sache nicht selbst ent­schei­den. Das Beru­fungs­ur­teil ist daher auf­zu­he­ben und die Sache zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Beru­fungs­ge­richt zurück­zu­ver­wei­sen, soweit das Beru­fungs­ge­richt den gel­tend gemach­ten Anspruch auf Ersatz eines mer­kan­ti­len Min­der­wer­tes abge­wie­sen hat.

Vor­sorg­lich weist der Senat für das wei­te­re Ver­fah­ren dar­auf hin, dass auch die Aus­füh­run­gen des Beru­fungs­ge­richts, auf­grund des Schutz­zwecks der scha­dens­recht­li­chen Norm kom­me es nur auf eine "objek­tiv gerecht­fer­tig­te Min­de­rung eines Kauf­prei­ses" an, Beden­ken begeg­nen. Es ist nicht klar, was hier­mit gemeint sein soll. Auf dem Markt erziel­ba­re Prei­se rich­ten sich nach Ange­bot und Nach­fra­ge und kön­nen nicht als gerecht­fer­tigt oder unge­recht­fer­tigt bewer­tet wer­den. Nur auf den tat­säch­lich erziel­ba­ren Erlös kommt es scha­dens­recht­lich an.

Kniff­ka                           Safa­ri Cha­bes­ta­ri Eick

Half­mei­er                                     Leupertz

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