Risi­ko unbe­schränk­ter Voll­mach­ten für den Verkäufer

Stich­wor­te:
Grund­stücks­kauf- und Bau­trä­ger­ver­trag, Risi­ko unbe­schränk­ter Voll­mach­ten für den Verkäufer

Ober­lan­des­ge­richt München
Beschluss vom 07.11.2012 – 34 Wx 208/12
Kurzfassung

Leit­satz

Zur Wirk­sam­keit einer im Außen­ver­hält­nis unbe­schränkt erteil­ten Voll­macht für den Voll­zug eines Antrags auf Ände­rung der Tei­lungs­er­klä­rung im Grundbuch.

Grün­de
I.
Mit Erklä­rung vom 13.4.2010 … hat die Betei­lig­te zu 1 das Eigen­tum an dem gegen­ständ­li­chen Grund­stück nach § 8 WEG in Mit­ei­gen­tums­an­tei­le aufgeteilt …

In der Tei­lungs­er­klä­rung heißt es unter Ziff. V. („Gestal­tungs­frei­heit des Eigentümers“):

Der Eigen­tü­mer behält sich aus­drück­lich das Recht vor, die­se Tei­lungs­er­klä­rung hin­sicht­lich der Bal­ko­ne, der Ter­ras­sen, der Dach­gau­ben und der Fens­ter, even­tu­el­ler Win­ter­gär­ten, der Trep­pen­häu­ser, der Kel­ler­räu­me und der Tief­ga­ra­gen- und Außen-Stell­plät­ze zu ändern.

In der Fol­ge­zeit ver­kauf­te und über­eig­ne­te die Betei­lig­te zu 1 meh­re­re Woh­nun­gen. In den nota­ri­el­len Kauf­ver­trags­ur­kun­den ist ver­ein­bart, dass die oben genann­te Tei­lungs­er­klä­rung mit Nach­trag Inhalt des Son­der­ei­gen­tums ist. Ziff. XI. („Voll­mach­ten“) lau­tet jeweils:

Der Käu­fer erteilt hier­mit dem Ver­käu­fer unter Befrei­ung von den Beschrän­kun­gen des § 181 BGB fol­gen­de über­trag­ba­re und durch den Tod des Voll­macht­ge­bers nicht erlöschende

V o l l m a c h t

zur Vor­nah­me fol­gen­der Rechtshandlungen:
...

2. Ände­rung der Tei­lungs­er­klä­rung bzw. Bauausführung

Unein­ge­schränk­te Ver­tre­tung des Käu­fers bei der Begrün­dung und Ände­rung der Tei­lungs­er­klä­rung. Die­se Voll­macht ist im Außen­ver­hält­nis ins­be­son­de­re auch gegen­über dem Grund­buch­amt ohne jede Beschrän­kung erteilt.

Im Innen­ver­hält­nis darf die Voll­macht jedoch nur aus­ge­übt wer­den wie folgt:

a)  Durch die Ände­rung dür­fen das Son­der­ei­gen­tum und auf­grund der Tei­lungs­er­klä­rung etwa begrün­de­te Son­der­nut­zungs­rech­te des Käu­fers nicht beein­träch­tigt wer­den, dem Käu­fer kei­ne zusätz­li­chen Belas­tun­gen auf­ge­bür­det wer­den sowie Tei­le des gemein­schaft­li­chen Eigen­tums, die für die Nut­zung des Son­der­ei­gen­tums nötig sind, nicht ein­ge­schränkt werden.

… Mit einem wei­te­ren Nach­trag vom 24.10.2011 zur Tei­lungs­er­klä­rung hat der von der Betei­lig­ten zu 1 bevoll­mäch­tig­te Herr M. ein zusätz­li­ches Son­der­nut­zungs­recht an einem bis­lang zur gemein­schaft­li­chen Nut­zung vor­ge­se­he­nen Stell­platz in der Tief­ga­ra­ge begrün­det und die ent­spre­chen­de Ein­tra­gung im Grund­buch bewil­ligt und beantragt …

II.

1. a) Die jewei­li­gen Voll­mach­ten (§ 167 BGB) zur Abga­be von Ein­tra­gungs­be­wil­li­gun­gen und Ein­tra­gungs­an­trä­gen genü­gen dem das Grund­buch­ver­fah­ren beherr­schen­den Bestimmtheitsgrundsatz …

b) Die jewei­li­gen Voll­mach­ten sind auch nicht offen­sicht­lich … nach den §§ 305 ff. BGB unwirk­sam. Ob die­se Vor­schrif­ten auf Grund­buch­voll­mach­ten über­haupt anzu­wen­den sind, bedarf kei­ner abschlie­ßen­den Ent­schei­dung. Ange­sichts der Bin­dun­gen im Innen­ver­hält­nis liegt trotz der Unbe­schränkt­heit im Außen­ver­hält­nis bei der kon­kret vor­lie­gen­den Ver­trags­ge­stal­tung jeden­falls kein offen­sicht­li­cher Ver­stoß gegen § 308 Nr. 4 BGB vor. Ins­be­son­de­re dür­fen im Innen­ver­hält­nis das Son­der­ei­gen­tum und die dem Käu­fer zur Son­der­nut­zung zuge­wie­se­nen Gegen­stän­de durch die Ände­rung nicht berührt wer­den und ihm kei­ne zusätz­li­chen Belas­tun­gen auf­ge­bür­det werden …

c) Das Amts­ge­richt geht mit der Recht­spre­chung des damals für Grund­buch­sa­chen zustän­di­gen 32. Zivil­se­nats … davon aus, dass eine im Außen­ver­hält­nis unbe­schränk­te Voll­macht den Bevoll­mäch­tig­ten nicht zur Abga­be von Erklä­run­gen gegen­über dem Grund­buch­amt berech­tigt, die ihm durch eine inter­ne Abre­de mit dem Voll­macht­ge­ber in der­sel­ben Urkun­de unter­sagt sind, wenn evi­dent ist, dass dem Voll­macht­ge­ber durch die Erklä­rung ein Ver­mö­gens­scha­den ent­steht. Evi­dent muss nach die­ser Ent­schei­dung auch die Über­schrei­tung der intern ver­ein­bar­ten Beschrän­kun­gen sein.

Ob dem auch der nun für Grund­buch­sa­chen zustän­di­ge 34. Senat im dort gege­be­nen Fall gefolgt wäre … kann auf sich beru­hen. Dort durf­ten im Innen­ver­hält­nis die Voll­mach­ten nur zu sol­chen Ände­run­gen ver­wen­det wer­den, durch die die Rech­te der Käu­fer bei wirt­schaft­li­cher Betrach­tungs­wei­se nicht geschmä­lert wer­den. Hier erklärt sich der Käu­fer hin­ge­gen mit Ände­run­gen der Tei­lungs­er­klä­rung unter der Vor­aus­set­zung ein­ver­stan­den, dass ihm hier­durch kei­ne zusätz­li­chen Belas­tun­gen ent­ste­hen und das Son­der­ei­gen­tum sowie die ihm zuge­wie­se­nen Son­der­nut­zungs­rech­te nicht berührt werden …

Vor allem ergibt sich jedoch aus den im Ver­trag auf­ge­führ­ten zuläs­si­gen Ände­run­gen der Tei­lungs­er­klä­rung, dass die Neu­be­grün­dung von Son­der­nut­zungs­rech­ten am gemein­schaft­li­chen Eigen­tum von den jewei­li­gen Voll­mach­ten erfasst sein soll­te. Dass damit auch Ände­run­gen im Bereich der Tief­ga­ra­ge inmit­ten stan­den, ergibt sich aus Ziff. V. der Tei­lungs­er­klä­rung vom 13.4.2010, auf die in den Kauf­ver­trä­gen jeweils Bezug genom­men wur­de. Auch wenn bis dahin ein Son­der­nut­zungs­recht an Stell­plät­zen in der Tief­ga­ra­ge noch nicht ein­ge­räumt wor­den war, konn­ten die Erwer­ber schon aus der For­mu­lie­rung der Tei­lungs­er­klä­rung nicht davon aus­ge­hen, dass die Tief­ga­ra­ge voll­stän­dig in gemein­schaft­li­cher Nut­zung (§ 13 Abs. 2 WEG) ver­blei­ben würde …

(Die voll­stän­di­ge Ent­schei­dung fin­den Sie hier)

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