Scha­dens­er­satz ohne Verschulden

Stich­wor­te
Scha­dens­er­satz, Scha­dens­pau­scha­le, Haf­tung ohne Ver­schul­den, unan­ge­mes­se­ne Benachteiligung

Bran­den­bur­gi­sches Oberlandesgericht
Urteil vom 06.02.2013 – 7 U 6/12
Kurzfassung

Tenor

… Die Beklag­te wird ver­ur­teilt, es … zu unter­las­sen, gegen­über Ver­brau­chern gemäß § 13 BGB nach­fol­gen­de oder inhalts­glei­che Klau­sel in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen im Zusam­men­hang mit Ver­trä­gen über die Benut­zung des T… zu ver­wen­den oder sich auf die­se Klau­sel zu beru­fen: „3.8 Bei Ver­lust des T… Arm­ban­des mit Chip hat der Besu­cher den jeweils nach den Zif­fern 3.2. bzw. 3.4. ein­ge­räum­ten Kre­dit zu entrichten.“ …

Grün­de

... II. 1. … Unab­hän­gig hier­von ver­stößt die Klau­sel auch gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Ver­bin­dung mit § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Klau­sel knüpft die Ver­pflich­tung des Kun­den, Scha­dens­er­satz zu leis­ten, an die schlich­te Tat­sa­che des Ver­lus­tes, ohne dass ein Ver­schul­den erfor­der­lich wäre. Bei lebens­na­her Betrach­tung kom­men tat­säch­lich nur weni­ge Fäl­le in Betracht, in denen der Chip ohne Ver­tre­ten­müs­sen des Kun­den ver­lo­ren geht; gleich­wohl sind sol­che Fäl­le weder von vorn­her­ein aus­ge­schlos­sen oder auch nur lebens­fern. So ist es denk­bar, dass Kun­den im Ruhe­be­reich ein­schla­fen und der Chip gestoh­len wird. Auch kön­nen Trick­die­be eine vor­über­ge­hen­de Unauf­merk­sam­keit oder Unpäss­lich­keit des Kun­den aus­nut­zen, um sich unbe­merkt in den Besitz des Chips zu set­zen. In sol­chen Fäl­len kann es auch durch­aus vor­kom­men, dass etli­che Zeit ver­geht, bis der Kun­de den Chip­ver­lust bemerkt, etwa, weil er ent­gelt­pflich­ti­ge Leis­tun­gen in die­ser Zeit gar nicht in Anspruch neh­men will. In all die­sen Fäl­len über­bür­det die Klau­sel dem Kun­den das Risi­ko des Chip-Miss­brauchs, ohne dass ihm die nach der gesetz­li­chen Grund­re­ge­lung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zuste­hen­de Mög­lich­keit ein­ge­räumt wür­de, sich zu entlasten.

Die danach bestehen­de Nich­tig­keit der Klau­sel lässt sich nicht mit der Erwä­gung recht­fer­ti­gen, dass die beque­me Inan­spruch­nah­me eines Abrech­nungs­sys­tems gene­rell auch im Inter­es­se des Kun­den besteht; denn gera­de bei dem Besuch eines Frei­zeit­ba­des trägt der Kun­de regel­mä­ßig nur Bade­klei­dung und das Mit­füh­ren von Bar­geld wäre, abge­se­hen von der Ver­lust­ge­fahr, außer­or­dent­lich unbe­quem. Der Senat hat des­halb erwo­gen, die Risi­ko­ver­tei­lung, wie sie etwa bei Klein­be­trags­in­stru­men­ten im Sin­ne des § 675i BGB besteht, ergän­zend her­an­zu­zie­hen. Nach § 675 i BGB kann näm­lich der Zah­lungs­dienst­leis­ter unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen das Risi­ko des Ver­lus­tes des Klein­be­trags­in­stru­ments voll­stän­dig auf den Zah­ler abwäl­zen. Eine Über­tra­gung die­ser Risi­ko­ver­tei­lung auf das Rechts­ver­hält­nis zwi­schen der Beklag­ten und dem Nut­zer des Spaß­ba­des wäre indes nicht sach­ge­recht; denn im Gegen­satz zu der Inan­spruch­nah­me ein­zel­ner Leis­tun­gen des Betrei­bers eines Spaß­ba­des mit­tels Chip sind Klein­be­trags­in­stru­men­te dafür aus­ge­legt, zeit­lich und ört­lich unbe­schränkt gegen­über einer unbe­stimm­ten Viel­zahl von Zah­lungs­emp­fän­gern ohne gro­ßen Über­prü­fungs­auf­wand ein­ge­setzt zu werden …

(Die voll­stän­di­ge Ent­schei­dung fin­den Sie hier)

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