Der vor­ge­täu­sche Dienst­leis­tungs­ver­trag – Ein beson­ders dreis­ter Ver­such zur Beschrän­kung der Bauträgerhaftung

Beim Kauf einer neu zu errich­ten­den oder errich­te­ten Immo­bi­lie vom Bau­trä­ger hat der Gesetz­ge­ber zum Schutz der Käu­fer recht­li­che Hür­den errich­tet, die von finanz­schwa­chen Bau­trä­gern kaum zu über­win­den sind. Sol­che Hür­den sind bei­spiels­wei­se gewer­be­recht­li­che Siche­rungs­be­stim­mun­gen (§ 34 c GewO, §§ 3, 7 MaBV i.V.m. der Ver­ord­nung über Abschlags­zah­lun­gen), zivil­recht­li­che Schutz­vor­schrif­ten (z.B. § 311 b BGB), das Recht der All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen (§§ 305 ff BGB, Euro­päi­sche Klau­sel­richt­li­nie von 1993), werk­ver­trag­li­che Bestim­mun­gen zum Schutz bei Bau­män­geln (§§ 633 ff BGB) und nicht zuletzt die all­ge­mei­nen Straf­vor­schrif­ten (vgl. z.B. Land­ge­richt Ber­lin, Urteil vom 14.11.2013 – (502) 241 Js 987/12 (39/12).

Finanz­schwa­che Bau­trä­ger ver­su­chen des­halb immer wie­der, die­se Hür­den durch aty­pi­sche Ver­trags­ge­stal­tun­gen zu umge­hen. Eine inso­fern typi­sche Ver­trags­ge­stal­tung ist die ver­such­te recht­li­che Tren­nung von Grund­stücks­ei­gen­tum und Bau­leis­tun­gen. Denn Bau­trä­ger mit allen haf­tungs­recht­li­chen Kon­se­quen­zen ist grund­sätz­lich nur der­je­ni­ge, der als Bau­herr auf eige­nem Grund und Boden baut (zum Grenz­be­reich vgl. Urteil des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts vom 10.06.1986 – 1 C 9.85). Eine ande­re, der­zeit offen­sicht­lich wie­der favo­ri­sier­te Ver­trags­ge­stal­tung, der sog. Dienst- oder Bau­dienst­leis­tungs­ver­trag, geht über die­sen Ver­such zur Haf­tungs­be­schrän­kung weit hin­aus. Denn mit einem sol­chen Dienst­leis­tungs- oder Bau­dienst­leis­tungs­ver­trag soll nicht nur die stren­ge Bau­trä­ger­haf­tung, son­dern dar­über hin­aus auch die gesetz­li­che Haf­tung als Bau­be­treu­er oder Gene­ral­über­neh­mer aus­ge­schlos­sen werden.

Der Begriff "Dienst­leis­tungs­ver­trag" oder "Bau­dienst­leis­tungs­ver­trag" steht dabei für ein for­mu­lar­mä­ßi­ges, pri­vat­schrift­li­ches Ver­trags­kon­vo­lut, das alle Leis­tun­gen des Unter­neh­mers for­mal als blo­ße Dienst­leis­tun­gen im Rah­men eines Dienst­ver­tra­ges bestimmt, inhalt­lich aber den­sel­ben Leis­tungs­er­folg wie ein typi­scher Bauträger‑, Bau­be­treu­ungs- oder Gene­ral­über­neh­mer­ver­trag zum Gegen­stand hat. Dazu wer­den die vom Unter­neh­mer ange­bo­te­nen Leis­tun­gen schein­bar auf die Ver­mitt­lung geeig­ne­ter Ver­trags­part­ner für den Erwerb des Bau­grund­stücks oder die Erbrin­gung der Pla­nungs- Über­wa­chungs- und Bau­leis­tun­gen beschränkt. Tat­säch­lich aber über­nimmt der Unter­neh­mer über die Ver­mitt­lungs­tä­tig­keit hin­aus wei­ter­ge­hen­de, erfolgs­ori­en­tier­te Leis­tun­gen, um dem Käu­fer das Eigen­tum an einer Neu­bau­im­mo­bi­lie zum Fest­preis zu ver­schaf­fen (zur Abgren­zung von Dienst­leis­tun­gen und erfolgs­ori­en­tier­ten Leis­tun­gen vgl. z.B. OLG Düs­sel­dorf, Urteil vom 23.06.2009 – 23 U 140/08). Die gewähl­te Ver­trags­kon­struk­ti­on dient dabei nur einem ein­zi­gen Zweck: Dem Käu­fer eine Leis­tung zu ver­spre­chen, die im Ergeb­nis der typi­schen Bauträger‑, Bau­be­treu­er- oder Gene­ral­über­neh­mer­leis­tung ent­spricht, die für die Erfül­lung die­ses Ver­spre­chens in Bau­trä­ger- Bau­be­treu­ungs- und Werk­ver­trags­recht vor­ge­ge­be­ne Haf­tung aber auszuschließen.

Ein sol­cher pri­vat­schrift­li­cher Dienst­leis­tungs­ver­trag ver­stößt gegen das Beur­kun­dungs­ge­bot des § 311 b BGB und ist des­halb gemäß § 134 BGB ins­ge­samt nich­tig, wenn im oder in Zusam­men­hang mit dem Ver­trag das Bau­grund­stück ver­mit­telt und eine Erwerbs­pflicht des Kauf­in­ter­es­sen­ten für das Grund­stück begrün­det wird. Eine sol­che Erwerbs­ver­pflich­tung ist regel­mä­ßig schon dann gege­ben, wenn die bei Nicht­er­werb des Grund­be­sit­zes für den Kauf­in­ter­es­sen­ten ein­tre­ten­den wirt­schaft­li­chen Nach­tei­le so gra­vie­rend sind, dass die­se einen Zwang zum Erwerb des Grund­be­sit­zes begrün­den. Der Dienst­leis­tungs­ver­trag ist dar­über hin­aus gemäß §§ 2, 12 MaBV, § 134 BGB nich­tig, wenn und soweit der beauf­trag­te Unter­neh­mer im Zuge der Aus­füh­rung des Auf­trags zur Ver­wen­dung von Ver­mö­gens­wer­ten des Käu­fers ermäch­tigt, die Gren­ze zur Bau­be­treu­ung also über­schrit­ten wird. Wenn Ver­trags­be­stim­mun­gen nicht schon aus die­sen Grün­den nich­tig sind, liegt jeden­falls ein Ver­stoß gegen das Trans­pa­renz­ge­bot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB vor. Denn der Unter­neh­mer spie­gelt vor, eine blo­ße Dienst­leis­tung zu erbrin­gen, schul­det aber tat­säch­lich einen Leis­tungs­er­folg; der Käu­fer wird also über den wah­ren Ver­trags­in­halt getäuscht. Dar­über hin­aus sind die wesent­li­chen Bestim­mun­gen eines sol­chen Bau­dienst­leis­tungs­ver­tra­ges regel­mä­ßig auch mit § 307 Abs. 2 Ziff. 1. BGB unver­ein­bar, da sie den gesetz­li­chen Leit­bil­dern des all­ge­mei­nen Zivil­rechts und des Werk­ver­trags­rechts wider­spre­chen und den Kauf­in­ter­es­sen­ten des­halb ent­ge­gen den Gebo­ten von Treu und Glau­ben unan­ge­mes­sen benachteiligen.

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